
27. Juli 2023
Muss der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber gezahlte Provision an einen Headhunter übernehmen?
27. Juli 2023
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 20.06.2023, Az. 1 AZR 265/22 diese Fragestellung eindeutig geklärt und entschieden, dass eine derartige Regelung gegenüber dem Arbeitnehmer unzulässig ist.
Sachverhalt:
Der Arbeitgeber schloss mit dem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag, nachdem dieser erfolgreich durch einen Headhunter vermittelt wurde. Der Arbeitgeber hatte für die Vermittlung des Arbeitnehmers eine Provision in Höhe von knapp 4.500,00 EUR an den Headhunter gezahlt. Weitere 2.230,80 EUR sollte der Headhunter nach der Probezeit vom Arbeitgeber erhalten. Das Arbeitsverhältnis wurde noch in der Probezeit fristgemäß durch den Arbeitnehmer gekündigt. Daraufhin hat der Arbeitgeber unter Verweis auf folgende Klausel
„Die Arbeitgeberin leistet zur Vermittlung des/der Arbeitnehmers/in eine Vermittlungsprovision in Höhe von insgesamt € 6.695,40 an eine Drittfirma (C.-Co.) - aufgeteilt zu zwei Dritteln nach Abschluss des Arbeitsvertrages (€ 4.461,60) und zu einem Drittel nach Ablauf der Probezeit (€ 2.230,80). Bei dieser Zahlung handelt es sich um einen Vertrauensvorschuss der Arbeitgeberin auf die zu erwartende Betriebstreue des/der Arbeitnehmers/in.
Der/die Arbeitnehmer/in verpflichtet sich, der Arbeitgeberin die tatsächlich angefallenen Beträge zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30.06.2022 hinaus fortbesteht und aus vom Arbeitnehmer/von der Arbeitnehmerin zu vertretenden Gründen vom Arbeitnehmer/von der Arbeitnehmerin selbst, der Arbeitgeberin oder im gegenseitigen Einvernehmen beendet wird.
Die Arbeitgeberin verpflichtet sich ihrerseits, die Zahlung der Vermittlungsprovision in diesem Fall nachzuweisen. Dem/der Arbeitnehmer/in ist seinerseits/ihrerseits der Nachweis gestattet, dass die entsprechenden Aufwendungen nicht oder nicht in der hier angegebenen Höhe bei der Arbeitgeberin entstanden sind.“
im vereinbarten Arbeitsvertrag einen Betrag in Höhe von 809,21 EUR netto vom letzten Gehalt des Arbeitnehmers einbehalten.
Der Arbeitnehmer war damit nicht einverstanden und hat Klage erhoben. Der Arbeitgeber hat mit der Widerklage auch die restliche Provision vom Arbeitnehmer zurückverlangt. Über zwei Instanzen hat der Kläger Recht bekommen und die Widerklage des Arbeitgebers wurde abgewiesen.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes hat der Arbeitgeber Revision eingelegt.
Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:
Das BAG hat -wie die Vorinstanzen- entschieden, dass der Arbeitnehmer, die vom Arbeitgeber für die Vermittlung geleistete Provision nicht erstatten muss. Die getroffene Regelung im Arbeitsvertrag ist unwirksam, da sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Die Regelung ist damit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Arbeitnehmer wurde durch die vereinbarte Klausel in seinem von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne das dies durch begründete Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt gewesen wäre.
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts trägt der Arbeitgeber das unternehmerische Risiko für von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung, selbst wenn diese sich unter Umständen nicht „lohnen“, wenn der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise – hier fristgerechte Kündigung während der Probezeit- beendet. Derartige Kosten und Aufwendungen kann der Arbeitgeber nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen.
Praxis:
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